Blick nach vorn

Eingekuschelt in einer Wuscheldecke liege ich auf der Couch, den Laptop auf dem Schoß und überlege was ich Euch über mein vergangenes Jahr berichten kann. Die Herbstsonne scheint mir dabei ins Gesicht.

Heute ist es zwar ein recht milder Oktobertag aber meine Wohnung ist so verdammt kalt – bin gespannt wie die kalte Jahreszeit dann so werden wird. Nach so einem Rekordhitze-Sommer wie in diesem Jahr, wird der Winter sicher auch einige Überraschungen für uns bereithalten.

Wie so oft  war es wieder ein Jahr voller Ereignisse die viel Kraft gekostet haben aber auch Momente die mir sehr viel Kraft zurückgegeben haben. Das Leben und mit ihr die Zeit bleiben halt nicht stehen und das ist auch gut so.

Zusammengefasst würden die Ärzte meinen körperlichen Zustand als stabil bezeichnen mit dem Hauch einer Verschlechterung in den Messwerten.

Themen die mich in den letzten 12 Monaten so beschäftigt haben und zum Teil immer noch beschäftigen:

 

Prismabrille

Die Eingewöhnungszeit wurde erfolgreich absolviert. Mittlerweile wirkt die Welt für mich nicht mehr ganz so stark plastisch mit diesem Hilfsmittel. Dennoch ist sie nicht mein ständiger Begleiter. Ich habe mich daran gewöhnt einfach in bestimmten Momenten, wenn die Doppelbilder wieder aufgrund einer körperlichen Überbelastung auftreten, selbstbewusst ein Auge zuzukneifen um das Bild stärker auf ein Auge zu fokussieren. Sicherlich sieht es für die Leute seltsam aus, mich zum Beispiel mit zugekniffenen Auge die Treppe herunter laufen zu sehen.

In solchen Momenten kann ich wieder eine der größten Herausforderungen üben:

„Was Du über Dich selbst denkst, ist viel wichtiger als das, was andere über Dich denken“

 

GPS – Softorthesen

Dieses Hilfsmittel wäre eine echt gute Hilfe im Alltag, wenn es nicht so verdammt unpraktisch gebaut wäre. Darauf gehe ich gesondert ein – siehe Hilfsmittel.

 

Medikamente/Depression

Ich habe vor gut einem ¾ Jahr eigenständig die Antidepressiva abgesetzt. Ich wollte wieder richtig fühlen können und nicht so halbbetäubte Emotionen spüren. Das Gefühl wieder halbwegs zeitnah Emotionen verarbeiten zu können ohne dass sich diese tagelang im Inneren verstecken – ist wieder ein sehr gutes Gefühl.

Leider macht sich der „schwarze Hund“ – der auf den Namen Depression hört jetzt nun wieder öfters bemerkbar ABER ich möchte ihn nun mit anderen Möglichkeiten entgegenwirken. Mich ihm langsam annähern und streicheln statt versuchen ihn in den kalten Zwinger zu sperren.

 

Abgrenzung

Ist in den letzten Jahren für mich ein sehr großes Thema geworden. Tagtäglich begegnet es mir und von Jahr zu Jahr verstärkt sich der Wunsch, diese Abgrenzung immer mehr umzusetzen bzw. dieses mit dem benötigten Selbstbewusstsein anzugehen.

Da ich immer mehr meine eignen Ressourcen für mich brauche und mich immer weniger um mein gesamtes Umfeld kümmern kann, hieß es abzuwägen, wer tut mir gut, wer meint es ehrlich, wen möchte ich in meinem Leben nicht missen oder wer saugt mich nur aus und wirft mich dann achtlos weg.

Das waren und sind weiterhin harte Entscheidungen aber mit jeder weiteren Umsetzung dieses Vorhaben merke ich, dass es die richtige Entscheidung für mein eigenes Wohlbefinden war/ist.

Frühere getroffene Entscheidungen, habe ich zum damaligen Zeitpunkt für die beste Option gehalten. Ob sich diese Entscheidung dann hinterher auch als solche herausgestellt hat, spielt keine Rolle mehr. Damals war es das Richtige. Es gibt nichts zu bereuen.

 

Dauerrente

Es schützt den Körper und das seelische Gut aus dem Wahnsinn des Arbeitsalltags genommen worden zu sein.

Finanziell relativ abgesichert dennoch innerlich unruhig wie noch nie. So ein Leben wollte ich einfach nicht führen aber wer will das schon.

Die Akzeptanz dieses Wortes, dieses Umstands, dieses Zustands ist sehr schwer für mich.

Werde ich es je akzeptieren können?

Ich, der immer nach Perfektion gestrebt hat. Leider habe ich mich derzeit auch vor wenigen Monaten dafür entschieden, den Minijob den ich jetzt 2 ½ Jahre ausgeführt habe - zu beenden. Es führte trotz kürzerer Arbeitszeiten einfach zu einer körperlichen und seelischen Überforderung.

 

Urlaub am Meer

Immer wieder eine gute Gelegenheit und das schönste Gefühl sich den Wind an der See um die Ohren peitschen zu lassen. Die negativen Gedanken werden dabei weit fortgetragen aufs offene Meer und neue Energie, Lebensmut und Tatendrang an Land gespült.

Einfach nur kräftig einatmen und ausatmen – Ängste und Sorgen weg atmen und dabei das Salz auf den Lippen spüren.

 

Sport/Entspannung

Physiotherapie, Meditation und neuerdings Wassergymnastik belebt Körper und Geist.

 

 

Auch wenn ich immer noch nicht genau weiß, wer ich bin, wohin ich gehöre, was ich vom Leben noch möchte, so weiß ich, dass ich auf einem guten Weg trotz allem bin -  Dinge in mir und um mich herum zu verändern.

Ich brauche mich mit niemanden zu vergleichen. Jeder Mensch ist auf seine Art anders und einzigartig – einmalig. Ich akzeptiere mich mit meinen Ecken und Kanten – dabei gibt es kein besser oder schlechter.

Ich bin gut so wie ich bin und ihr seid gut so wie ihr seid.

 

Eure "Anjuta"

 

PS:

Viele Menschen scheitern an der Liebe, weil die Angst, sich dem anderen zu öffnen größer ist, als die Sehnsucht nach Nähe und Vertrauen und die schlechten Erfahrungen stärker sind als die besten Hoffnungen.

 

Danke für deine Liebe und dein Vertrauen mein Herz…

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Kommentare: 1
  • #1

    Bea (Dienstag, 30 Oktober 2018 20:58)

    Hallo Anjuta.

    Ich habe heute von der Gentechnikin Regensburg ( Uni ) endgültig meine Diagnose erhalten. Ich habe HMSN 1 A . Für mich ist es seit Dezember 2017 schwierig. Ich bin eigentlich immer ein sehr froher , positiv eingestellter Mensch . Aber seit Aprill ist meine Welt für mich erstmals auseinander gebrochen.. Ich habe gestern deine Seite gefunden und ich fühlte mich verstanden und noch viel wichtiger , nicht alleingelassen. Danke für deine ausführlichen Schilderungen vom Krankheitsverlauf. Habe viele Gleichheiten erkennen können die mich auch begleiten.